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German Brand Award 2025

Vom Netzwerktreffen zur Branchenbühne

Die German Brand Convention 2025 machte deutlich: Netzwerken heißt heute auch, gemeinsam Zukunft gestalten. Das Branchentreffen unter dem Leitthema „Code and Culture“ beschäftigte sich mit drängenden Fragestellungen und Herausforderungen aktueller und zukünftiger Markenführung: Künstliche Intelligenz, Circular Branding und wertegeleitete Strategien.

Wie KI die Markenwelt verändert

„Wer von Ihnen hat heute schon eine KI benutzt?“, fragt Moderator Holger Volland in‘s Publikum. Gemeinsam mit Dr. Frederike Fritsche (OTTO) und Svetlana Jackel (Kombinatrotweiss) diskutierte der Brandeins-CEO im Panel The Age of AI Agents die Rolle von KI in der Markenwelt.
 
Fritsche agiert als Botschafterin für Transformationsthemen bei OTTO. Sie bringt die Ambivalenz des Gesprächsthemas auf den Punkt: „Wir bauen keine KI für die IT, sondern für den Kundendialog, für‘s Marketing und für die HR“, sagt sie. Über alle Abteilungen hinweg schlägt sie Brücken, bevor Ängste beim Wort KI entstehen.

„Verantwortung kannst du nicht delegieren“

Doch mit der Anwendung wächst die Verantwortung. Um deutlich zu machen, wie schnell KI-generierte Fehlbotschaften entstehen, nennt Fritsche personalisierte Newsletter. „Und dann stand da in der Betreffzeile: Nur ein echter Mann trägt Bart“, berichtet sie und macht deutlich: Fehler passieren systemisch. Als Konsequenz prüft bei OTTO eine zweite KI alle generierten Inhalte auf Ethik und Markenkonformität. Doch was passiert, wenn ein KI-Agent für uns Kaufentscheidungen trifft? Hier die Verantwortung abzugeben, könne die Markenbindung sogar stärken, erklärt sie: „Der Agent kennt die Werte seiner Nutzer und damit auch die Marken, die für sie zählen.“

Svetlana Jackel widerspricht aus gestalterischer Perspektive. „Manche Kunden kommen mit KI-generierten Motiven zu uns und sagen: Mach das mal in schön.“ Es sei ein Trugschluss, dass Gestaltung mithilfe der KI schneller und günstiger werde. „Die Systeme können viel. Aber sie können nicht fühlen, nicht intuitiv reagieren und nicht verhandeln.“ Gerade in der Markenästhetik seien Nuancen entscheidend: „Eine Ecke runder, ein Schatten weicher – das versteht keine generative KI.“
 

„Wir sind Teil des Wandels“

Die Diskussion verschiebt sich von Technologie zu Haltung. „Wie verändert sich unser Verständnis von Kreativität und Relevanz?“, fragt Volland. Jackels Antwort: „Wenn alles gleich aussieht, wird das Echte wieder wertvoll.“ In einer Welt, in der KI-generierte Ästhetiken Stockfotos ähneln, brauche es das Unperfekte. Gestaltung müsse sich neu behaupten.

Fritsche ergänzt aus der Praxis: „Wir haben 80 Prozent unserer Leute mit den Tools vertraut gemacht. Aber Wissen ist nicht gleich Anwendung.“ Nur wer spürt, dass KI echte Probleme löst, wird sie auch einsetzen. „Wir sind Teil des Wandels. Und wir müssen lernen, Verantwortung nicht nur zu tragen, sondern sie auch zu gestalten.“

Fazit: KI ist kein Allheilmittel und keine Bedrohung per se – sie ist ein mächtiges Werkzeug. Ihr Wert entsteht durch verantwortungsvollen Umgang und proaktives Mitgestalten.

Wie Kreislaufwirtschaft Markenidentität neu definiert

Im Panel Next Stop: Circular Future diskutierten Moderator Dr. Max Marwede, Anne Farken (Designworks, BMW Group) und Maximilian Mauracher (NEW STANDARD.STUDIO) über die Rolle von Circular Economy in der Markenführung. Sie waren sich einig: Erfolgreiche Kreislaufwirtschaft setzt nicht nur Produkten, sondern beim Selbstverständnis ganzer Marken an.

Maximilian Mauracher stellte zu Beginn klar: „Viele Unternehmen glauben, sie seien zirkulär, weil ihre Verpackung recycelbar ist. Aber das ist erst der Anfang.“ Wirkliche Circularity beginne mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme und dem Mut, Geschäftsmodelle neu auszurichten.

Anne Farken stimmt dem zu und betont: „Kreislaufwirtschaft ist in der Königsklasse kein Designtrend, sondern ein Umbau des unternehmerischen Fundaments.“ Reparatur, Rückkauf und modulare Gestaltung seien keine Nebenschauplätze mehr, sondern zentrale Bausteine der Markenidentität, „weil sie auf echte Beziehungen zu den Nutzer*innen setzen“, erklärt Farken. 

Design als strategische Schnittstelle

Eine Schlüsselrolle in dieser Transformation spielt die Gestaltung: „Design ist die Fähigkeit, Komplexität lesbar zu machen“, sagt Farken. Es mache Prozesse sichtbar und bringe Marken, Produkte und Rückführungssysteme zusammen. Mauracher ergänzt: „Design lässt Menschen zusammenkommen, die sonst nicht miteinander reden. Nur so kann Neues entstehen.“ 

Ohne Wegbereiter*innen keine Transformation

Dass Transformation nicht geradlinig verläuft, betont Mauracher: „Nicht alles ist sofort lösbar. Aber ohne Zielsetzung fehlt die Richtung.“
Farken ergänzt: „Viele Menschen sind auf Effizienz und Perfektion trainiert – und dann sollen sie plötzlich experimentieren.“ Für diesen Wandel brauche es eine offene und lernbereite Kommunikationskultur.

Damit auch Konsument*innen den Wandel aktiv mitgestalten – zurückgeben, reparieren und weitergeben –, müsse das Angebot überzeugen. „Zugänglichkeit ist entscheidend“, so Mauracher. „Wenn zirkuläre Lösungen teurer, komplizierter oder qualitativ schlechter sind, verlieren wir die Menschen.“ Farken ergänzt: „Konsumentinnen kaufen nicht nur Produkte, sondern Ideen und Haltungen.“

Die Konsequenz: Ein neues Selbstverständnis. „Nicht nur für Produkte – sondern für andere Formen des Wirtschaftens“, sagt Mauracher. Wer Circular Economy ernst nimmt, gewinnt nicht nur Glaubwürdigkeit, sondern bleibt langfristig relevant.

Wie zirkuläre Geschäftsmodelle Marken zukunftsfähig machen

Im Panel Circular Business and Brand wurde deutlich: Zirkulär wirtschaftende Marken sichern nicht nur Ressourcen, sondern auch ihre Zukunft. Prof. Dr. Simone Roth moderierte das Gespräch mit Dr. Matthias Ballweg (CIRCULAR REPUBLIC) und Sven Schneider (Interstore/Schweitzer Project).

Ballweg  erklärt: „In zehn Jahren wird jedes erfolgreiche Unternehmen Circular Economy verstanden haben – nicht aus Idealismus, sondern aus wirtschaftlicher Logik.“ Mit Circular Republic entwickelt er Projekte, die zeigen, wie sich durch Rückführung, Wiederverwendung und smarten Materialflüssen Margen steigern und Abhängigkeiten reduzieren lassen. Er spricht von einem „ökonomischen Shortcut zur Resilienz“. Auch bei Interstore ist Zirkularität wegweisend: „Wir wollten kein Konzept, das nur auf dem Papier nachhaltig ist, sondern eines, das sich bezahlt macht – für Händler, Kunden und Marke“, erklärt Sven Schneider. Mit modularen Ladenbaukonzepten für Edeka zeigt das Team um Schneider, wie wirtschaftlicher Umbau, Designanspruch und Ressourcenschonung ineinandergreifen. Nachhaltigkeit wird dabei nicht kommuniziert, sondern direkt erlebbar. 
 

Effektive und glaubwürdige Alternative zum Greenwashing

Was heißt Erfolg im zirkulären System? „Ökonomischer Erfolg – aber mit Effekten, die weit darüber hinausgehen“, so Ballweg. Zirkularität sei messbar und damit glaubwürdig – eine echte Alternative zum Greenwashing.

Doch falsche Erwartungen seien gefährlich: „Wer glaubt, es geht ohne Investitionen oder Konflikte, der wird enttäuscht.“ Wer das Risiko eingehe, werde jedoch belohnt – mit Kundenbindung, Markenprofil und unternehmerischer Unabhängigkeit. 
 

Zirkularität wird zum Standard

Aus industriepolitischen Gründen drängt die EU Hersteller zunehmend zu zirkulären Lösungen. „Europa will unabhängiger werden. Und Circular Economy ist das Werkzeug dafür.“ Investoren reagieren bereits: Ein Drittel des globalen Circular-Investments fließt nach Europa. Für Marken bedeutet das: Zirkularität ist kein Differenzierungsmerkmal mehr, sondern wird obligatorisch. Schneider bringt es auf den Punkt: „Man muss Materialien und Systeme neu denken. Weil es einfach keine besseren Lösungen gibt.“

Die Botschaft: Circular Branding ist keine Option, sondern die Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit und Markenrelevanz.