Starke Marke mit Verantwortung – VAUDE setzt Zeichen
Jurybegründung
Hinter jeder Marke stehen Menschen – auch bei VAUDE. Der Mittelständler aus Tettnang produziert Sportkleidung, Zelte, Rucksäcke und alles Sonstige, was aktive Outdoor-Freunde so brauchen. In puncto Glaubwürdigkeit und Authentizität könnte so manche Branche von VAUDE und Dr. Antje von Dewitz viel lernen. Aufgrund dieser beispielgebenden Markenarbeit hat die Jury entschieden, die Auszeichnung „Brand Manager of the Year“ an Dr. Antje von Dewitz zu vergeben. Dr. Antje von Dewitz hat es nicht nur geschafft, das Familienunternehmen VAUDE zu einer starken, wettbewerbsfähigen Marke konsequent weiterzuentwickeln, sondern diese auch glaubwürdig und wahrhaftig mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu verbinden. Und das überaus erfolgreich und in jeder Hinsicht authentisch.
Authentisch präsent
Um fünf Uhr ist Schluss. Dann sind die meisten Schreibtische und Arbeitsplätze verwaist – auch jener der Chefin. Das ist ungewöhnlich für ein mittelständisches Unternehmen, wo meist der Chef allabendlich das Licht löscht. Aber VAUDE tickt anders – vom Näher in der Fertigung bis zur Geschäftsführerin. Dazu gehören familienfreundliche Arbeitszeiten, die auch für Dr. Antje von Dewitz gelten. Seit 2009 steht sie an der Spitze des 1974 von ihrem Vater gegründeten Unternehmens, das Outdoor-Kleidung, Zelte, Biketaschen und Wanderschuhe produziert. Und das mit Erfolg – trotz oder gerade wegen der Freiheiten der Mitarbeiter, die sich nicht nur über Meetings mit klarem Ende freuen, sondern auch Auszeiten nehmen können. Etwa für die Elternzeit, die hier sogar Väter in Führungspositionen nutzen – ohne das Risiko, sich damit von der weiteren Karriere verabschiedet zu haben. Dies scheint sich inzwischen herumgesprochen zu haben: VAUDE kann sich nicht über mangelnde Bewerbungen beklagen, aus ganz Deutschland trudeln sie ein. So funktioniert erfolgreiches, nauthentisches Employer Branding.
Der Reiz der Provinz
Obereisenbach? Richtig: Provinz – also ziemlich weit weg von hippen Szenen und den jüngsten Barista-Trends. Eigentlich ein Standort, der gleichbedeutend mit Personalnotstand ist, vor allem, wenn es kreative Menschen braucht, die mit neuen Ideen einen ziemlich gesättigten Outdoor-Markt in Bewegung halten. Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind heute in Obereisenbach zugange, die Fluktuation ist im unteren einstelligen Bereich, das Durchschnittsalter liegt bei etwa 35 Jahren. Keine Zahlen gibt es über den Anteil aktiver Sportler – doch der dürfte ausgesprochen hoch sein. Spätestens da wandelt sich der Standortnachteil zum Vorteil: Der Bodensee wie auch die Alpen locken quasi in Sichtweite. „Wir sind nicht unbedingt der größte Arbeitgeber in der Region, aber sehr attraktiv“, formuliert Dr. Antje von Dewitz selbstbewusst. Die Firmenchefin, die mit gutem Beispiel in Sachen Arbeitszeit voran geht, spricht schnell und extrem fokussiert. Abschweifungen sind ihre Sache nicht, weder im Unternehmen noch beim Bergsport. Hier wie da ist es überlebensnotwendig, schnell auf den Punkt zu kommen.


Leitlinie Nachhaltigkeit
Mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro ist VAUDE kein Riese in einer Branche, die lange erfolgsverwöhnte Steigerungsraten verbucht hat, sich nun aber in einem Konzentrationsprozess befindet, der immer mehr kleinere Marken unter Konzerndächern vereint. „Ich sehe noch keine Marktsättigung“, sagt von Dewitz, „wohl aber sehr viel mehr Player, darunter auch Billigmarken.“ Wobei VAUDE den Umsatz nach wie vor steigern kann – um straffe sechs bis acht Prozent jährlich. Das lässt sich nur mit einem Sortiment erreichen, das neue Segmente erschließt – etwa „Urban Outdoor“, also stadttaugliche Kleidung, die aber höchste Ansprüche in Sachen Wetterbeständigkeit und Funktionalität erfüllen. Genauso wichtig: die Investition in Innovation. Und die folgt bei VAUDE primär dem Anspruch der Nachhaltigkeit. Seit 2001 arbeitet man in Obereisenbach mit dem „Bluesign“-Standard, der für schadstofffreie Textilien steht, das Unternehmen ist gemäß EMAS öko-zertifiziert, arbeitet am Standort klimaneutral und sucht permanent neue Werkstoffe, die Umwelt und Nutzer nicht belasten. „Wir forschen mit zahlreichen Partnern, etwa an Fleece aus Holzfasern, Reißverschlüssen und Schnallen aus Rizinusöl oder an milchbasiertem Filz.“ Und: „Wir reparieren, arbeiten mit iFixit zusammen und haben einen Gebrauchtmarkt auf Ebay initiiert“. Jüngste Initiative: Leihausrüstungen für Aktive, die nur sporadisch ein Zelt oder einen großen Rucksack benötigen.
Design als Stellschraube
Mit solchen Initiativen stärkt VAUDE seine Marktposition und Markenbedeutung, dazu gehören auch Schulungen, die Händlern Argumente für nachhaltig konzipierte sowie langlebige Produkte an die Hand geben. „Wir haben vor allem lebensverlängernde Maßnahmen im Blick“, so von Dewitz, was die erwähnte Reparaturfähigkeit einschließt. So achtet man bei der Konzeption bereits darauf, Komponenten, die als besonders verschleißempfindlich gelten, leicht austauschbar zu machen – der Reißverschluss bei Jacken ist ein solches Element. Dies wiederum bedeutet für die Designer im Unternehmen, sich frühzeitig um diese Anforderungen zu kümmern. Das dreizehnköpfige Designteam um Mario Schlegel teilt sich in zwei Gruppen: In eine für die Bekleidung und in die andere für die sogenannte Hartware, die Zelte, Schlafsäcke, Rucksäcke umfasst. „Seit etwa fünf Jahren sind wir dabei, das Design zu einer zentralen Stellschraube zu machen, um unsere Werte und unsere Kultur zu transportieren“, erläutert von Dewitz die Bedeutung der Produktgestaltung. Schränkt die Strategie der Nachhaltigkeit die Kreativität nicht ein? „Zunächst schon, weil aufgrund des Designs bestimmte Materialien, Technologien oder Färbeverfahren aus unserem Raster fielen“, erklärt von Dewitz rückblickend. „Aber mittlerweile sehen wir, dass die Kreativität und die Innovationskraft dadurch nicht eingeschränkt, sondern verstärkt wird.“ Design bei VAUDE schließt auch die Recherche ein, ein vierköpfiges Innovationsteam scannt den Markt permanent nach neuen Entwicklungen und hält Kontakt zu den Partnern sowie Lieferanten. Besonders bei den Produzenten textiler Materialien läuft die Innovationsmaschine derzeit auf Hochtouren. „Das Angebot an Materialien mit nachhaltigem Hintergrund nimmt zu“, so Mario Schlegel, Designchef und mit seinem Maschinenbau-Hintergrund ein Quereinsteiger


Offenheit bedeutet Glaubwürdigkeit
VAUDE war schon immer ein Unternehmen mit großer Offenheit. Das lässt sich auch im Gespräch erkennen: Antje von Dewitz ist nicht nur ungemein präsent, sondern macht klare Ansagen. Vorgestanzte Sätze ohne Inhalt sind da nicht zu hören, das vermittelt Authentizität, die sich im gesamten Unternehmen widerspiegelt. Beispiel Produktion. Obwohl fast 70 Prozent der Produkte in den DACH-Ländern über die Theken gehen, entstehen sie nur zu einem Viertel hierzulande. Der Rest? „Technische Kleidung kommt hauptsächlich aus Asien.“ Von Dewitz nüchtern: „Deren Produktion wäre hier kaum umsetzbar, bereits seit mehreren Jahrzehnten befindet sich die komplette Wertschöpfungskette in Asien, inklusive der Material- und Anlagenhersteller.“ Doch VAUDE engagiert sich für faire Arbeitsbedinungen in der ganzen Lieferkette. Als Mitglied der Fair Wear Foundation (FWF) verpflichtet sich VAUDE, einen strengen Verhaltenscodex im Umgang mit den asiatischen Produktionsbetrieben einzuhalten. Für sein hohes Engagement hat VAUDE seit 2015 den Leader-Status erhalten und damit die höchstmögliche Kategorie bei der FWF erreicht. Aus eigener Initiative hat VAUDE darüber hinaus ein Schulungsprogramm für seine asiatischen Materiallieferanten gestartet, um sie bei der Umsetzung von sozialen und ökologischen Standards zu unterstützen. Im vietnamesischen Bim Son befindet sich der wichtigste Produzent von VAUDE. Rund 1.000 Mitarbeiter fertigen dort vor allem Rucksäcke und andere Gepäckbehältnisse, das Unternehmen ist im Besitz von VAUDE Gründer Albrecht von Dewitz, der 2008 ein ehemaliges Textilunternehmen sanierte, das er heute zusammen mit einer vietnamesischen Geschäftsführerin leitet.
Wachstum in einem engen Markt
Verantwortung ist neben der Nachhaltigkeit ein weiterer zentraler Markenwert von VAUDE. Verantwortung gegenüber der Umwelt, den Mitarbeitern vor Ort und in Fernost sowie den Regionen. 2001 bereits entsteht in Kooperation mit der Stadt Tettnang ein Kinderhaus in Obereisenbach, das sich größter Beliebtheit erfreut. Die hauseigene Bio-Kantine, in der tatsächlich gekocht wird, ist öffentlich zugänglich und das Freibad vor Ort wäre ohne das direkte Engagement von VAUDE wohl längst geschlossen. Seit langem ist auch der obligate Werksverkauf etabliert, samt Café, regelmäßig wollen Gruppen durch das Unternehmen geführt werden – nicht nur Brancheninterne. Und auch die Medien klopfen regelmäßig in Obereisenbach an, längst ist Dr. Antje von Dewitz eine begehrte Ansprechpartnerin. „Ich weiß nicht, wie viele Interviews ich im vergangenen Jahr gegeben habe“, gesteht sie. „Aber wir sparen uns so die Mittel für Marketing und stecken das Geld in die Nachhaltigkeit“. Das bestätige auch der Blick auf die lange, sehr lange Liste mit den Auszeichnungen unterschiedlichster Natur. Diese Liste wird nun um einen weiteren, prominenten Preis länger.

